In Haiti ist alles anders als im Glarus von 1861
18 Monate nach der Katastrophe in Haiti stehen 24 Häuser, die dank den Glarner Spenden entstanden sind. Für haitianische Verhältnisse ist das eine ganze Menge.
Die Südostschewiz, 02. Sep. 201118 Monate nach der Katastrophe in Haiti stehen 24 Häuser, die dank den Glarner Spenden entstanden sind. Für haitianische Verhältnisse ist das eine ganze Menge.
Die Südostschewiz, 02. Sep. 2011In den ersten Tagen nach dem großen Beben in Haiti analysierten Projektverantwortliche von DESWOS und EcoSur gemeinsam mögliche Hilfemassnahmen.
Die Unterstützungsmöglichkeiten waren schnell ausgelotet. Mit Fachleuten aus Nicaragua und anderen zentral- und südamerikanischen Ländern, die gemeinsam im EcoSur Netzwerk tätig sind, würde es möglich sein, eine lokale Infrastruktur auf-zubauen, um in bescheidenem Umfang zum Aufbau in Haiti beizutragen.
Aufbau in Haiti kommt in Schwung 653.26 Kb 06/09/2011, 12:23
In Zentral-Haiti, in der Stadt Liancourt, im Tal des Flusses Artibonite führten wir unser erstes Projekt durch. Wir bauten eine Werkstatt zur Herstellung der Leichtbeton-Wandelemente unserer Einzimmerhäuser, dazu die Ausbildungsstätte für die Maurer und Vorarbeiter, eine Werkstätte zur Produktion der Leichtbeton-Ziegel und ausserdem machten wir die Bauführung beim Neubau des Lehrerseminars in Liancourt.
Die kulturellen Unterschiede, die wir vor allem am Anfang spürten, verstanden wir mit der Zeit als Bereicherung. Mit den schwierigen Arbeitsbedingungen lernten wir mit der Zeit umzugehen. Der Mangel an Fahrzeugen und an elektrischer Energie, sowie die Sprachbarrieren waren die grössten Hindernisse für die Leute von EcoSur aber auch für unsere Partner.
Die Haltung der Einheimischen gegenüber unseren Mitarbeitern, meist Lateinamerikaner, war von Anfang an gut. Dies sowohl auf der persönlichen Ebene wie auch bei der Arbeit. Der Austausch Süd-Süd funktioniert!
Victor Granja und Franklin Martínez, beide Bauingenieure von EcoSur Nicaragua, sind verantwortlich für den Bau der Werkstätten zur Produktion der Baumaterialien. Sie bilden die Arbeiter aus und leiten die Projekte in der Gegend von Liancourt.
Byron Bucardo, Buchalter und ebenfalls von EcoSur Nicaragua, betreut Jugendliche, die in verschiedenster Weise Erdbebenopfer sind. In einer Art Berufsschule lernen sie die Bauteile für Trockentoiletten zu produzieren und die Toiletten zu bauen, dabei erhalten sie eine Grundausbildung als Maurer, Schreiner und Schweisser.
In Liancourt ist die Werkstätte für Öko-Baumaterialien fertig gebaut. Sie produziert Leichtbeton-Wandelemente, mit denen 60 Einzimmerhäuser gebaut werden sollen. Diese Häuser sind für Familien bestimmt, die aus den zerstörten Städten aufs Land zurückgekehrt sind.
Das Einzimmerhaus oder Kernhaus ist 4 Meter lang und 2.8 Meter breit. Es kann schnell gebaut werden und bietet sofort Schutz und Sicherheit. Um den Kern können weitere Zimmer, wie auch Küche und Bad problemlos angebaut werden. Die Begünstigten arbeiten von Anfang an bei der Produktion der Baumaterialen und dem Bau der Häuser unter Anleitung eines Fachmannes mit. So erwerben sie die Fähigkeit, das Haus selber zu erweitern.
Mit dem Bau der Kernhäuser werden 14 jugendliche Männer und Frauen zu Maurern und später zu Vorarbeitern ausgebildet. Sie erhalten eine praktische Ausbildung in Bautechniken, aber auch das theoretische Rüstzeug wird vermittelt: Berufliches Rechnen, Materialkunde, etc. Nach einer von EcoSur durchgeführten Abschlussprüfung erlangt der Lehrling den Fähigkeitsausweis, der auch von den lokalen Institutionen anerkannt wird.
Öko-Baumaterialien sind Materialien, die ökologisch und preiswert aus lokalen Ausgangsmaterialien hergestellt werden. Wir setzen sie in unseren Kernhäusern ein, aber auch bei den Renovationen werden sie angewendet. Zu den Öko-Baumaterialien gehören zum Beispiel Leichtbeton-Wandelemente, Leichbeton-Ziegel aber auch Bausteine aus gepresster Erde.
Victor Granja, einer unserer Bauingenieure berichtet, dass es oft sehr schwierig ist gebräuchliche Baustoffe zu kaufen, die eigentlich immer verfügbar waren. Was knapp ist, wird teurer. Diese Verteuerungen machen ein korrektes Planen und Berechnen fast unmöglich.
Neben dem Bau von Gebäuden, dem Reparieren von Gebäuden und der Ausbildung, widmet sich EcoSur der Frage nach der Beseitigung und Wiederverwendung der gewaltigen Menge von Bauschutt. Dieses Projekt wird von namhaften Wissenschaftlern von CIDEM, Cuba, ebenfalls Mitglied des Netzwerkes EcoSur unterstützt. EcoSolutions S.A. http://www.ecosolutions.ecosur.org/ wird dieses Projekt ausführen, sobald die Verträge mit namhaften Organisationen wie dem ILO (Internationale Arbeitsorganisation) oder dem UNDP (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) unterzeichnet sind.
Ohne lokale Partner wäre ein Arbeiten von EcoSur in Haiti unmöglich. In Liancourt hat uns APPEL (Association des Parents et des Professeurs d’Ecole de Liancourt) alle nötige Unterstützung entgegengebracht, um die örtliche Werkstatt aufzubauen und die Produktion zu starten. In Port-au-Prince ist „Aide a l’enfance de Haiti“ unser Partner im Ausbildungsprogramm.
Die Aktivitäten von Netz EcoSur begannen gleich nach dem Erdbeben. Seit dem ersten Juni 2010 arbeitet das Team von EcoSur Nicaragua vor Ort.
Die aktuellen Projekte in Haiti werden teils von der Bevölkerung des Kantons Glarus, Schweiz, und teils von DESWOS (Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs- und Siedlungswesen e.V) finanziert.
EcoSur bereitet für 2011 neue Projekte und praktische Lösungen für die Zusammenarbeit beim Wiederaufbau vor. Victor Granja sagt: „Wir haben alle viel gelernt in Haiti, haben eine Erfahrung gemacht, an der wir gewachsen sind. Noch bleibt viel zu tun, aber ich bin sicher, dass wir ernten werden, was wir gesät haben.“
Knapp ein Jahr nach dem Erdbeben in Haiti zieht Projektleiter Kurt Rhyner eine positive Bilanz. Die mit Glarner Spenden finanzierte Werkstatt laufe endlich gut. Die Spenden- aktion der «Südostschweiz»habe aber noch mehr ausgelöst.